Dummheit oder: Mein zweiter Versuch- notgedrungen

  • Hallo zusammen,


    Schon einmal habe ich hier im Forum mitgelesen- jetzt brauche ich Beistand, wie viele hier.


    Als Teenager bekam ich bei der Kieferorthopädin eine Panikattacke aufgrund Erstickungsangst/ Würgereiz, als sie an den hinteren Backenzähne die Klammern anbringen wollte. Der Raum hatte drei Behandlungsstühle, abgetrennt mit mobilen Wänden- jeder bekam es mit, mussten teilweise rausgeschickt werden. Die Ärztin war not amused und ziemlich genervt- sonst eigentlich sehr nett, mir war das als männlicher Teenager völlig unangenehm, peinlich und beschämend. Nur mit viel Mühe brachte ich die gesamte Therapie über die Jahre zu Ende- vor allem die Abdrücke immer wieder zur Kontrolle waren die Hölle! Danach ging einige Jahre nicht mehr zum Zahnarzt vor lauter Angst und Scham. Möchte eigentlich niemanden zur Last fallen oder unangenehm auffallen.


    Bis eine Füllung rausbrach und Schmerzen kamen und hier begann mitzulesen. Damals fand ich dann eine verständnisvolle Zahnarztpraxis in meiner damaligen Umgebung, die Hypnose anbot. Füllungen konnte ich damit relativ gut hinbekommen, professionelle Zahnreinigungen und Kontrolle sogar ohne. Meine 4 Weisheitszähne konnten damals in Vollnarkose gezogen werden.


    Dann wurde eine Füllung undicht, ich brauchte eine Wurzelbehandlung- aufgrund meiner Angst ohne Kofferdam. Wurzelbehandlung half nicht- ich musste zur Wurzelresektion. Da ich dabei den Mund kaum aufmachen musste, da von der Seite gearbeitet wurde, ging das sogar ganz gut. Aber auch die Resektion brachte keinen Erfolg- der Zahn musste raus. Ich entschied mich für ein Implantat. Das Implantat konnte gesetzt werden- aber nur unter Mühen des Arztes, der ebenfalls genervt auf meine Würgereizangst reagierte. Erst da erfuhr ich, dass das Implantat bzw. die Kronenversorgung mehrere Abdrücke etc... benötigen würde. Das alles geschah während meines ersten Studiums und Umzugs in den Großraum Stuttgart- ich war also so schon unter Stress. Nachdem das Provisorium aufgeschraubt war ging einfach nicht mehr zum Zahnarzt- es war mir alles viel zu viel. Wollte den Stress nicht mehr, wollte nicht mehr unangenehm auffallen- quasi ghostete ich meine Zahnärztin und die gesamte Behandlung ;( . Ich nahm mir vor, wenn der Stress vorbei sei die Behandlung wieder aufzunehmen. Es wurden Monate, Jahre. Genauer gesagt sind es jetzt 9 Jahre her.


    Ich weiß, dass das dumm war.


    Vor ein paar Wochen spürte ich beim Essen plötzlich einen ziehenden Schmerz. Füllungen blieben drinnen- aber es entstand ein ziehender, intervallartig bohrender Schmerz im Bereich des Implantats. Zähne blieben alle fest, auch das Implantat, keine Aufbissschmerzen, kein Hochstand. Aber der Schmerz war da. Ich machte online ein Termin für nä. Woche bei einer Zahnärztin die auf Angst spezialisiert ist, Lachgasbehandlung anbietet und den ersten Termin nur zum Kennelernen anbietet- ich war stolz auf mich deshalb. Bis ich bemerkte, dass ich mich langsam kränker fühlte, dann diese Woche sogar Fieber entwickelte und die Lymphknoten auf der Seite am Hals als feste Knoten spürbar wurden. Auch die Zunge war belegt, gab kleine rote Flecken mit weißen Rand. Ich hatte schon lange davor immer wieder Halsbeschwerden- HNO und Hausarzt fanden aber keine Ursache.


    Jetzt allerdings ahne ich was die Ursache ist, und habe Panik- es reicht wenn Zähne kaputt sind- es muss nicht noch der Rest vom Körper kaputtgehen, Herz, Lunge etc...! . Ich hatte dann die Zahnärztin angerufen, ob ich nicht einen Notfalltermin haben kann- nein, der frühste Termin war genau 2 Tage vor dem eigentlichen Kennenlerntermin. In meiner Panik rief ich einen anderen Zahnarzt an- und tatsächlich bekam ich einen Notfalltermin. Aber zu früh gefreut- meine Angst auf dem Stuhl war so ausgeprägt, dass ich immer wieder die Hand des ZAs wegdrückte, als er versuchte mir den Mund zu untersuchen. Aufgrund meiner Angst war ein Röntgen nicht möglich. Er wirkte insgesamt nicht ganz verständnisvoll, meinte meine Kieferbeschwerden kämen von einer Verspannnung; er hatte offenbar Spaß daran den Kiefermuskel zu massieren (war schmerzhaft), diagnostizierte immerhin eine erhebliche Paradontitis; meinte das Fieber käme von einem grippalen Infekt - das ich aber keine sonstigen Erkältungssymptome wie Husten, Schnupfen hatte, das ignorierte er.


    Bei meiner Zahnärztin wollte ich dann den Notfalltermin daraufhin stornieren. Ging auch- aber mein ursprünglicher Kennenlerntermin war damit weg. Der frühstmögliche wurde mir in 7 Wochen im September angeboten- devot wie ich aus Angst war, nahm ich ihn an. Um dann zu sehen, dass online bereits der nä. in 2 Wochen frei gewesen wäre- Form einer Sanktion? Traute mich nicht mehr, nochmals anzurufen :( - das Vertrauen aber leidet bereits bei mir.


    Habe heute einen anderen Zahnarzt in Stuttgart angeschrieben, der ebenfalls ein Kennenlerntermin abietet und auf Angstpatienten spezialisiert sei und Lachgas anbietet. Aber das scheinen ja mittlerweile alle zu sein. Nur nicht auf so Phobiepatienten wie ich.


    Es war dumm von mir, die damalige Behandlung abzubrechen.


    Gibt es außer mir hier noch andere "Würger", oder Angstpatienten, die sogar die Hand des Zahnarztes wegdrücken? ;(


    Viele Grüße
    Schreck, der Zahnarztschreck

  • Bei den ersten Terminen hatte ich eine ZA-Stuhlassistenz, die selber wuergen muss.
    Wenn ein ZA nicht versteht, dass das ein Reflex ist und man wirklich nur ueber sehr lange Zeit des "Trainings" (Jahre!! bei mir)
    (fast) weg bekommt.


    Wuensche Dir mit der Empfehlung von Schitti mehr Erfolg!

  • Bei den ersten Terminen hatte ich eine ZA-Stuhlassistenz, die selber wuergen muss.
    Wenn ein ZA nicht versteht, dass das ein Reflex ist und man wirklich nur ueber sehr lange Zeit des "Trainings" (Jahre!! bei mir)
    (fast) weg bekommt.


    Wuensche Dir mit der Empfehlung von Schitti mehr Erfolg!

    Ja, wobei ich mittlerweile bei mir denke, es ist mehr die Angst vor der Angst. Ich lasse es ja nicht mal mehr zu, dass es soweit geht, dass ich würegen könnte. Ich reagiere ebenfalls recht empflindlich bei Hausarzt und HNO, wenn Sie mir mit Spatel in den Mund schauen wollen. Immerhin beim HNO geht die Inspektion des Kehlkopfs zum Glück auch über die Nase.


    Danke, ich werde berichten, so bald sich etwas tut.

  • Klar steigert sich das.. wenn man schon auf's Wuergen "wartet". Irgendwann geht man auf volle Vermeidung.


    Meiner persoenlichen Theorie nach spielt da auch die Scham mit rein - wenn man nicht will, dass da jemand
    (genauer) hinschaut, wuergt es einen und man hat den Kontakt vermieden.


    Das ist aber im Rueckblick gesehen.. und in dem kann ich feststellen, dass das Wuergen nach und nach
    weniger wurde, je mehr die Behandlung Fortschritt gezeigt hat und ich zu dem ZA-Team(!) Vertrauen gefasst hatte.


    Es gibt trotzdem "Reflexpunkte" (zB der Zungenboden), wo man ziemlich sicher einen Wuergereiz ausloesen kann -
    egal wie lange man das schon macht und wie vertraut-bis-lustig die Umgebung ist (bei der Prophylaxe zB).

  • Ich habe nun von dem Zahnarzt in Stuttgart- wenig weiter entfernt von mir, der lsit Homepage ebenfalls auf Angstpatienten spezialisiert sei und Kennenlerntermine und Lachgas anbietet, einen früheren Termin angeboten bekommen- unerhofft.


    Mein Bauchgefühl sagt aber eigentlich Nein, lieber warten auf die ebenfalls auf Angstpatienten spezialisierte Zahnärztin in meinem Ort, auch wenn es 4 Wochen länger dauert. Die Schmerzen im Unterkiefer haben etwas nachgelassen, und habe ich ohne Schmerzmittel nur mit Kamillentee, Verzicht auf Süsses und adäquater Mundpflege unter Kontrolle- die anderen damit verbundenen Beschwerden dagegen nicht und drängen auf Eile. Und Warten schädigt bei Entzündung weiter mein Implantat bzw. den Unterkiefer.


    Ich weiss auch nicht, was ich tun soll ;(


    Bei mir ist es in der Tat volle Vermeidung. Scham ist nur ein Teil- es ist auch der Kontrollverlust- das nicht Sehen können, was da im Mund passiert! Ich habe deutlich weniger Würgereiz, wenn ich mit weit offenen Mund vor dem Spiegel stehe und die hinteren Zähne bürste.


    Aber auch wenn ich zuviel im Mund habe, habe ich viel eher Würgereiz- oder wenn ich Habdschuhe im Mund habe. Der Geschmack ist widerlich und habe ich noch Tage danach im Mund! Hölle pur! Ich weiss nicht, wie ich z.B. einen Kofferdam tolerieren soll, oder die Arbeiten hinten.


    Und ja- das Vertrauen...


    Hab nun auch genau die beruhigende Musik als CD gekauft, die meine ehemalige Zahnärztin bei der Hypnose verwendete - vielleicht kann ich mich bis dahin etwas beruhigen.

  • Schwere Entscheidung., aber ich würde eher nach Bauchgefühl handeln.


    Ich habe meine ZÄ als eine von vielen Assistenzkräften (mindestens 10, eher 12) kennengelernt, bei denen ich jahrelang die Kontrollen hatte. Darunter waren gerade mal zwei, bei denen ich es mir längerfristig vorstellen konnte (der Chef ging auch nicht, da er sich über Angstpatienten lustig gemacht hat). Nach einer katastrophalen Kontrolle habe ich dann doch überlegt, ob ich nicht eine andere Praxis suche. Und bin fündig geworden. Ich wusste nicht, ob die ZÄ mich überhaupt noch kennt und wie sie darauf reagiert, dass sie mich als Angstpatientin übernehmen soll, aber die Reaktion war absolut positiv. Und seither bin ich dort, also kurz nach Praxisöffnung. Da habe ich auch rein nach dem Bauchgefühl gehandelt und es garantiert nicht bereut. Da stimmt es fachlich und menschlich!

  • Entzuendungen koennen halt den Knochen angreifen - nur aus dem heraus wuerde ich eher den zeitnahen Termin vorschlagen.


    Thema Spiegel: das ist bei mir auch so -- und es ergab sich, dass ich ueber den Lichtspiegel mir
    selber in den Mund gucken kann. Hatte ich bei der PZR gemerkt, weil das "langweiliger" ist und ich
    halt so in der Gegend rumgeschaut habe :)
    Vielleicht geht das bei deiner Stuhlausstattung auch.. ansonsten wuerde ich mal fragen, ob jemand
    zumindest bei den ganz schlimmen Ecken einen Spiegel halten kann - oder man einen hinklebt.
    Alles was hilft, ist erlaubt... so ziemlich ;)


    Das mit den Handschuhen kenn ich zumindest als Gefuehl (statt Geschmack), da laesst sich aber
    selten was tun, da das meist das gleiche Material ist. Aber auch hier waere mal die Frage erlaubt,
    ob die nicht ne zweite Sorte in der Schublade haben.


    Viel Erfolg

  • Der angebotene Termin ging letztendlich nicht, da an dem Tag schon länger beruflich verhindert bin. Leider Pflichttermin für mich- hatte ich verdrängt. Immerhin habe ich die Schmerzen im Griff ganz ohne Schmerzmittel.


    Was den Knochen angeht-das ist mir bewusst und ich denke, dass das Implantat raus muss und evtl. noch mehr an der Stelle- sprich größerer Eingriff. Auch wenn noch nix wackelt und auch die Zähne selbst nicht schmerzen.
    :S


    Spiegel oder Kamera mit VR-Brille- das wäre hilfreich. Am Ende hoffe ich einfach erstmal auf Lachgas...

  • Kopfkino/Selbstdiagnose landet immer im worst-case.
    was verstaendlich ist. Je schlimmer man sich das vorstellt (Kosten, Kiefer faellt ab, ..),
    um so mehr kann man sich vor sich selbst rechtfertigen das nicht zu tun, weil dann
    die Konsequenzen so schlimm waeren (Offenlegung). Der Gedanke ist dann "wenn ich
    nichts tue, passiert DAS auch nicht".


    WIr hatten das hier im Forum schon so oft, dass nach dem ersten Termin (oder ein
    Termin zu einem weiteren akuten Problem) dann hier geschrieben wurde:
    SOOOOO schlimm war es dann gar nicht.
    - also was die Diagnose angeht.

  • Naja, es weniger die Angst vor der Diagnose- sondern das was dann damit alles an Behandlungen kommt.


    Aber Du sprichts da wirklich eine Versuchung an, deren Opfer ich ja schon wurde: "Nicht so schlimm -Paradontitis, kleiner oberflächlicher Riss- sonst nix erkennbar" war die Aussage des Notzahnarztes, und schon hatte ich vor ein paar Wochen den Kennenlerntermin verschoben. Um ein Röntgen bin ich als Würger ja nochmals "drumherumgekommen".


    Noch weniger als 4 Wochen warten - *sigh*

  • @ Schreck: Wann ist nun der Termin? In LB oder hast du noch was näheres gefunden?

    Hi @Schitto: keinen anderen mehr gefunden als die, die ich von Anfang an hatte. Diesen Mittwoch morgen, gleich der erste verfügbare Termin ist es. Ich bin schon ziemlich nervös, auch wenn ich weiß, dass noch nicht all zuviel passieren wird. Ich habe mehr Angst vor der Reaktion der Zahnärztin, als vor dem was noch kommen mag. Die Schmerzen haben sich in den letzten Wochen immerhin langsam verflüchtigt- trotzdem spüre ich im Kiefer, dass da was nicht stimmt. Und immer noch hin und wieder Krankheitsgefühl.


    Widerum etwas auf was ich mich freue: das eine Besserung in Sicht kommt.

  • hallo Schreck,


    dann drücke ich für Mittwoch die Daumen. Danach hast du wenigstens Klarheit über den Zustand und hängst nicht mehr so in der Luft.
    Falls es menschlich nicht klappt gibt es ja immer noch die Möglichkeit zu wechseln nach dem Notwendigsten.

  • Danke! Ich bin schon sehr (an)gespannt. Auf der Homepage liest es sich toll: Behandlung erst ab dritten Termin, davor erstmal Beratung. Danach erstmal Reinigungen, dann kleinere Füllungen, bevor die grösseren Sachen kommen. Sie bietet auch Vollnarkose an, aber das muss und will ich ablehnen.
    Ich hoffe, das es menschlich klappt. Und das, was auf der Homepage steht, auch der Realität entspricht und nicht nur zu Patienten anlocken geschrieben steht.

  • Hallo alle,


    Ich weiss gar nicht wo anfangen soll. Gestern hatte ich den erstern Termin- heute sogar schon den zweiten! Vielleicht beginne ich damit, das ich selbst meine selbst gesetzten Ziele nur zur Hälfte erreicht habe?


    Zuallererst: die Praxis ist klasse. Helle, freundliche Zimmer. Monitore zeigen beruhigende Landschaftsbilder, dazu Lounge-Musik- das beruhigte schon mal ein wenig, auch wenn man richtiger Phobiker ist. Das Team alle sehr freundlich! Die ZA hat mir keinerlei Vorwürfe gemacht- im Gegenteil, das Gefühl mir gegeben es zu schaffen. Da ich doch ziemlich Zahnstein hatte, willigte ich ein, dass er zumindest schon beim ersten Termin gestern entfernt wird. Das klappte sogar! Was nicht klappte: das Röntgenbild- ich schaffte es nicht, den Mund soweit zu öffnen, dass ich den Film im Mund halten konnte. Zu gross die Angst vor der Panik...


    Wegen erheblichen Zahnstein und dem Röntgen bekam ich gestern spontan für heute einen Termin mit Lachgas. Ich war wegen dem Röntgenversuch zu nervös- trotz Lachgas hatte ich anfangs zuviel Angst. Bei der Zahnreinigung überwiegte dann langsam die Wirkung des Lachgas- ich fühlte mich wirklich wie in Trance. Ich war irgendwann so entspannt, dass sie spontan den leeren Röntgenhalter in den Mund hielt. Klappte, also probierten wir es mit Film- da kam die Panik wieder, als der Film die hintere Zunge berührte. Immerhin hatte ich soviel Vertrauen, dass ich danach dann auch ohne Lachgas den Mund voll öffnen konnte. Nur den Röntgenfilm tolerierte ich noch nicht.


    Also halber Erfolg - und die Praxis ist toll. Termin für die nä. PZR steht schon. Wie es aber sonst weitergeht, weiss ich noch nicht- und macht mir Sorgen. Ich hätte so gern das Röntgen geschafft....

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